Die Suche nach der Brille ist passé
Artikel der Saarbrücker Zeitung | Beitrag vom: 21.07.2010 | von: SZ-Redakteur Gunther Thomas
Neunkircher Arzt Beetari hat erstmals neue Generation von Augenlinsen implantiert
Neunkirchen. „Ich war ständig auf der Suche nach meiner Brille”, sagt Bärbel Zimmer, in Neunkirchen bekannt als frühere Wirtin der Gaststätte „Zum Ellenfeld”. Und Birgit Wachter aus Illingen – auf einem Auge weit-, auf dem anderen kurzsichtig – musste nach eigenem Bekunden stets ihre Kontaktlinsen sowie eine Fern- und eine Lesebrille im Gepäck mitschleppen.
Die beiden Damen haben sich jetzt den Traum von einem Leben ohne Brille erfüllt: Im Juni waren sie die beiden ersten Patienten des Neunkircher Augenarztes Dr. Bilal Beetari, denen der Mediziner eine so genannte Multifokal-Linse implantiert hat. Diese überträgt – vereinfacht gesagt – die Möglichkeiten einer Gleitsichtbrille direkt ins Auge.
Das Ergebnis, das sieht man den beiden „Pionier-Patientinnen” beim Praxistermin an, war durchaus erfreulich. „Ich war am ersten Tag nach der OP wieder schwimmen”, so Bärbel Zimmer zur SZ. „Ich war Einkaufen ohne Brille”, freut sich Birgit Wachter, die 30 Jahre lang eine Sehhilfe benötigte. Auch Kleingedrucktes sei brillenlos wieder zu lesen. Für Kassenpatienten ist diese Option allerdings – zumindest derzeit noch – ein recht kostspieliges Vergnügen (siehe Hintergrund). Auch ist das Verfahren nicht bei jedem fehlsichtigen Patienten möglich.
Der Eingriff selbst sei unkompliziert, sagt Beetari, der in den dreieinhalb Jahren, in denen er am Neunkircher Hüttenberg praktiziert, nach eigenen Angaben bereits knapp 4.000 Operationen ausgeführt hat. Nun also die Premiere mit den Multifokal-Linsen. „Ich habe mich sehr lange mit dem Thema befasst”, so Dr. Beetari. Er habe sich schon in den 1990er Jahren an der Homburger Uniklinik mit dieser Art Linsen befasst. Während sie ihm damals nicht ausgereift erschienen, sei er jetzt von der Anwendungsreife überzeugt.
„In den letzten beiden Jahren kamen sehr gute Linsen auf den Markt!” Er meint damit die aus den USA stammende neue Restor-Technologie. „Mit diesen Linsen brauchen 80 Prozent der Operierten keine Brille mehr”, stellt der aus Syrien stammende Augenspezialist fest. Das mache die Überlegenheit der multifokalen Linsen gegenüber den bisher beispielsweise beim Grauen Star gebräuchlichen monofokalen Linsen, aber auch gegenüber dem Lasern aus.
Bei den letztgenannten Methoden könne nur ein Sehbereich (weit oder nah) geschärft werden, während für den Rest weiterhin eine Brille gebraucht werde. Der 40-jährige einzige Augen-Operateur in Neunkirchen ist überzeugt, dass er auf dem richtigen Weg ist: Als nächste Patientin will er seine Mutter mit den Multifokal-Linsen ausstatten. „80 Prozent der Operierten brauchen keine Brille mehr”.
Hintergrund
Wenn ein Patient aus medizinischen Gründen eine Intraokular-Linse benötigt, etwa wegen Grauem Star, zahlen die gesetzlichen Krankenkassen die „medizinisch ausreichende Behandlung“. Die beinhaltet monofokale Linsen, die oftmals zusätzlich eine Gleitsichtbrille auf Kosten des Patienten erforderlich machen.
Multifokale Linsen, die die Chance auf Brillenfreiheit bieten, muss der Patient derzeit gänzlich selbst zahlen. Bei einer solchen Implantation muss der Patient darüber hinaus auch die Kosten für Operation und Medikamente selbst zahlen. Insgesamt muss man laut Dr. Beetari mit 2.500 bis 3.000 Euro pro Auge rechnen. gth
Ungetrübte Sicht auf eine neue Linsen-Technik: Dr. Bilal Beetari mit seinen beiden „Pionier-Patientinnen” Birgit Wächter und Bärbel Zimmer (von links).
Foto: Thomas Seeber